Bestellnummer: 99287788
*Preisbindung aufgehoben
- Kauf auf Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Bestellnummer: 99287788
*Preisbindung aufgehoben
Alles beginnt mit dem Anruf einer Journalistin, die Klaus B. telefonisch darauf anspricht, dass er 1944 als Pflegekind zu seiner Familie gekommen sei, aus dem Lebensborn-Heim in Bad Polzin. Ob er sich an dieses Heim erinnern könne? Ob er wisse, warum er dort gewesen sei? Darüber würde sie gerne mit ihm reden. Sie beschäftige sich nämlich mit dem Lebensborn, auch mit dem Heim in Bad Polzin. Er selbst hat erst mit neunzehn Jahren erfahren, dass die Familie ihn aus einem Lebensborn-Heim geholt hatte. Das war alles. Kein Wort darüber, warum er in diesem Heim war und was Lebensborn bedeutet.
Klaus B. ist hin- und hergerissen zwischen Neugier und gleichzeitig dem Wunsch, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Obwohl er sich in den letzten Jahren immer wieder gefragt hat, ob die Informationen wirklich stimmen, die ihm die Stiefeltern mit auf den Weg gegeben haben. Warum hat er zum Beispiel keine Geburtsurkunde? Als junger Bursche hatte er nur einen Flüchtlingsausweis, das war alles. Und irgendwann war der Ausweis fort, verlegt, verloren, auf
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht und der Besetzung Polens zerschlugen die neuen Machthaber den polnischen Staat mitsamt seinen Strukturen. Politiker und Militärs, Juristen, Kleriker und Wissenschaftler - pauschal als Gegner klassifiziert - wurden fortgejagt, verfolgt, ermordet. Im Oktober 1939 teilten die deutschen Besatzer das Land in zwei Teile und Hitler kündigte einen "harten Volkstumskampf" an, um "das alte und neue Reichsgebiet zu säubern von Juden, Polacken und Gesindel." In diesem Kontext von Diskriminierung, Entrechtung und Enteignung, von Gewalt, Terror und Mord auf der einen und "sauberer" Bürokratie auf der anderen Seite stand die Verschleppung der polnischen Kinder. Auch dabei ging es um "Rassenpolitik" - aber mit den Mädchen und Jungen, die in die Hände der Nationalsozialisten gerieten, hatte man etwas anderes vor. Heinrich Himmler propagierte das Vorhaben, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Man werde Kinder "guten Blutes" im Osten aus ihrer Umgebung herausholen, notfalls "rauben und stehlen" und nach Deutschland bringen. Nach Prüfung aller vorhandenen Quellen geht die Historikerin Isabel Heinemann von 20 000 verschleppten Mädchen und Jungen aus. Bis heute ist dies die belastbarste Zahl. Damit bleibt Polen trotz allem dasjenige Land, das die meisten Kinder an das NS-Germanisierungsprogramm verloren hat. Bekannt sind Kinderraub und Kinderverschleppung nach Deutschland aber auch aus Slowenien und der Tschechoslowakei. Um die Anerkennung als Opfer der Nationalsozialisten und für eine Entschädigung für das erlittene Unrecht kämpften in den letzten Jahren immer wieder sogenannte Raubkinder vor Gericht - bisher erfolglos.
Die Geschichte von Klaus B. steht stellvertretend und exemplar
- Autor: Dorothee Schmitz-Köster
- 2018, 272 Seiten, 20 Abbildungen, Maße: 14,2 x 22,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Herder
- ISBN-10: 3451383802
- ISBN-13: 9783451383809
- Erscheinungsdatum: 20.08.2018

Schreiben Sie einen Kommentar zu "Raubkind".
Kommentar verfassen- relevanteste Bewertung zuerst
- hilfreichste Bewertung zuerst
- neueste Bewertung zuerst
- beste Bewertung zuerst
- schlechteste Bewertung zuerst
- alle
- ausgezeichnet
- sehr gut
- gut
- weniger gut
- schlecht
-
5 Sterne
12 von 17 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich
Elke S., 24.11.2018 bei Weltbild bewertet
„Nach Nazikategorien ein Superkind“ Das Los des Klaus B.
Erst kürzlich habe ich eine historischen Roman über die Schweizer Verdingkinder gelesen und da sich hinter dem Begriff Lebensborn ja ebenfalls Kinderraub versteckt, war ich sehr gespannt auf diese Biografie.
Es existiert keine Geburtsurkunde, aber dass er am richtigen Tag Geburtstag feiert, seine leiblichen Eltern verstorben sind und er von Familie Schäfer rund um Ostern 1944 als Pflegekind aufgenommen wurde, glaubt Klaus B. nun seit über siebzig Jahren. Seine Wahrheit gerät allerdings stark ins Wanken, als sich die Journalistin Claudia Retter mit ihm in Verbindung setzt, weil sie bei ihren Recherchen auf seinen Namen gestoßen ist. Ingeborg Schäfer, eine Tochter der Pflegefamilie, hat ihn in ihrem Buch „Mutter mochte Himmler nie“ erwähnt. Die Journalistin, die sich mit Lebensborn beschäftigt, erhofft sich nun neue Erkenntnisse von ihm, da er aus genau einem solchen Heim in Bad Polzin zu den Schäfers gelangt ist. Klaus B. hat keinerlei Erinnerungen, weiß so gut wie nichts über Lebensborn und mit seinem schwachen Herz ist er nicht einmal sicher, ob er das dunkle Geheimnis in seiner Vergangenheit in seinem Alter überhaupt noch lüften will. Da ihm die Sache aber keine Ruhe mehr lässt, willigt er ein, dass Claudia Retter in seinem Namen Erkundigungen einziehen darf und schnell sind die Vollmachten an sie abgetreten. Was geschah bevor er, angeblich unterkühlt, verletzt und ausgezehrt bei den Schäfers ankam?
Gleich zu Beginn und immer wieder zwischendurch erfährt man von der Kontaktaufnahme, davon, wie sehr das Thema Klaus B. aus dem Konzept bringt bzw. bewegt und auch von seinem inneren Dilemma. Will er seine Wurzeln kennen, oder doch lieber weiter den Mantel des Vergessens anbehalten? Überwiegend begleitet man als Leser allerdings die Journalistin Claudia bei ihrer Recherche. Man nimmt mit ihr Kontakt zu zahlreichen Organisationen auf, die sich um Familienzusammenführung nach dem Zweiten Weltkrieg kümmern, besucht mit ihr Archive und Heime, besucht die neu gefundene polnische Verwandtschaft von Klaus B. und wälzt mit ihr einiges an Literatur. So bekommt man nicht nur, wie die Einordnung als Biografie ja verspricht, einen knappen Lebenslauf von Klaus B., geboten, sondern erhält dabei Einblick in ihre Recherchearbeit und ganz klar auch in die Machenschaften bezüglich Lebensborn, nicht nur bei Klaus B..
Die Autorin lässt in weiten Teilen einen Erzähler zu Wort kommen, der manchmal Klaus B. Perspektive beleuchtet, ganz oft aber Claudia Retter begleitet, die dieser allerdings immer nur unpersönlich mit „die Journalistin“ betitelt. Zudem erhält man auch Mitschnitte von Gesprächen, Quellenauszüge und zahlreiche Abbildungen geboten, was das Lesen unheimlich abwechslungsreich und kurzweilig macht. Der locker, flüssige Sprachstil tut sein Übriges dazu, dass die Biografie trotz aller Härte des Schicksals schnell verschlungen ist. Geschichte für den Laien leicht verständlich und interessant aufbereiten, das ist hier wirklich gut gelungen. Ich wurde nicht nur informativ unterhalten, sondern war stellenweise auch richtig gerührt bzw. habe schockiert gelesen.
Die Autorin hat wirklich gründlich recherchiert, was schon der Roman, der im Verlauf die Journalistin ganz oft verschiedene Quellen vergleichen lässt, sondern auch die zahlreichen Anmerkungen deutlich erkennen lassen. Sehr gut hat mir auch das relativ zahlreiche Bildmaterial gefallen. Fotografien von polnischen Verwandten des Karl B., auch von den Schäfers, seiner Pflegefamilie, Fragebogen, Krankenakten, Akten und Unterlagen vom IRQ, vom Roten Kreuz,…, all das ergänzt die Biografie gekonnt und macht das Bild rund.
„Mädchen und Jungen wurden getrennt und neu eingekleidet, dabei nahm man ihnen auch ihre kleinen Mitbringsel fort.“ Jeglicher Vergangenheit, jeder Erinnerung beraubt, den Willen gebrochen und dazu sprachlos gemacht. In einer anderen Sprache als Deutsch, was sie nicht konnten, zu reden war unter Prügelstrafe verboten. Paramilitärische Erziehung, entwürdigende psychologische Schauen und Einstufungen, sind nur einige Beispiele für die unvorstellbaren Verbrechen, die das NS Regime in ihrem irren Glauben begangen hat. Um das deutsche Blut durch vielversprechende Nachkömmlinge anderer Länder aufzufrischen und potentiell starke Gegner der Zukunft gleich auszufiltern, wurden unzählige Kinder ihrer Wurzeln beraubt und in sich verdient gemachte NS-Familien vermittelt. Kaum zu glauben, dass es den Hauptverantwortlichen dieser Verbrechen in den Nürnberger Prozessen tatsächlich gelungen ist, Lebensborn weitgehend als karitative Organisation hinzustellen und damit der gerechten Strafe zu entgehen. Die Autorin hat mit ihrer Biografie von Klaus B., der für mich stellvertretend für das Los unzähliger Leidtragender steht, einen wertvollen Beitrag gegen das Vergessen geleistet.
Alles in allem kann ich „Raubkind“, die Biografie von Klaus B., der in die Hände von Lebensborn gefallen ist, wirklich empfehlen. Alle Geschichtsinteressierte finden hier bewegend, fesselnde Unterhaltung, bei der man ganz nebenbei sein Wissen aufpolieren kann. Noch fünf Sterne sind da auf jeden Fall drin.
Statt 24.95 €
4.99 € *
7.99 €
Statt 22.00 €
4.99 € *
Statt 19.95 €
4.99 € *
Statt 24.95 €
4.99 € *
Statt 26.00 €
6.99 € *
Statt 19.95 € 12
4.99 € 13
Statt 26.99 € 12
7.99 € 13
Statt 22.00 €
5.99 € *
Statt 68.00 € 5
25.00 € 4
Statt 18.00 €
4.99 € *
22.99 €
22.00 €
11.00 €
9.99 €
19.99 €
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
- Kauf auf Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
5 von 5 Sternen
5 Sterne 7Schreiben Sie einen Kommentar zu "Raubkind".
Kommentar verfassen